Harry Greis - Orgel-Improvisation

 

Orgelimprovisation

 

 

 

 

 

Album: Harry Greis - Orgel-Improvisation

Fast mein ganzes Leben bin ich an irgendeiner Kirchenorgel gesessen und habe in den Liturgien gespielt. Oft hatte ich an einem einzigen Wochenende mehrere Gottesdienste mit verschiedenen Liedern und Ansprüchen zu orgeln. Dabei kam mir eine Sache sehr zu Hilfe, die man, vor allem früher, in der katholischen Liturgie mehr oder weniger gut gepflegt hatte: das Praeludieren. Vor allem in der vorkonziliaren Liturgie gab es immer wieder da und dort etwas Kurzes zu spielen und so improvisierten viele Organisten einfach. Wir nannten es «duddeln». Es kam damals sogar vor, dass wir uns während des Spielens - beispielsweise bei der Kommunion – fliegend ablösten.

Was zur Zeit Bachs und Händels Voraussetzung war, um eine Stelle als Organist zu bekommen, ist heute – zumindest  in der Schweiz aus der Mode gekommen. Als ich im Kloster Einsiedeln lebte, konnte das von einer ganzen Reihe  guter Organisten nur gerade einer. Allerdings ist Pater Theo Flury ein Meister der Improvisation. Er bildete mich bereitwillig weiter in Interpretation und auch im Begleiten von Gregorianik. Aber beim Praeludieren klemmte er. Vermutlich wollte er keinen Zweiten neben sich wissen, der diesen Ruf auch hätte. So habe ich einfach jeweils die Ohren gespitzt, während wir zur Kapelle wallten und er auf einer der Orgeln extemporierte. Und dann - eine halbe Stunde später, als ich die Abendmesse begleitete, habe ich versucht, das nachzuahmen. Meistens hatte er vergessen, die Registerkombination zu löschen, und so konnte ich auch diese rekonstruieren. Ich vermochte ihm nie, das Wasser zu reichen, aber ich habe doch einiges auf diese Art von ihm abgekupfert. Dazu kam die Erfahrung aus der Komponistenklasse am Schaffhauser Konservatorium unter Klaus Cornell. Als ich dann wieder in Schaffhausen war, verarbeitete ich meistens  die Lieder, die man gerade gesungen hatte zu Zwischenspielen oder Postludien. Man nennt das liturgisches Orgelspiel. Es wurde zu meiner anerkannten Spezialität. Leider sind Improvisationen kurzlebig, das heisst, nach dem Schlussakkord verhallen sie und normalerweise gibt es davon keine Tonkonserven. Da ich heute Muse und auch die passenden Instrumente habe, werde ich gelegentlich welche einspielen und in dieses Album stellen. Den Anfang macht eine Improvisation auf zwei Orgeln über eine Melodie, die ich als Motette für Bubenchor und Sopransolo in den 60er Jahren in Pleystein - einem Wallfahrtsort in der Oberpfalz - über den Psalm 121 «Ich hebe meine Augen auf» komponiert hatte.



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